Mobilität sichert Freiheit, soziale Teilhabe und gesellschaftliche Integration. Deswegen ist es Aufgabe des Staats, entsprechende Infrastruktur auf- und auszubauen, sagt der dbb.
„Mobilität ist aber nicht nur ein Thema für die Älteren, sondern ein generationenübergreifendes Grundbedürfnis“, stellte der dbb Bundesvorsitzende, Ulrich Silberbach, klar. Daher habe der Staat grundsätzlich für eine Mobilität sicherstellende Infrastruktur zu sorgen, sowohl im städtischen Umfeld als auch im ländlichen Raum. Hier sieht Silberbach dringenden Nachholbedarf: „Maßnahmen-Kataloge haben wir jetzt genug im Regal, jetzt muss endlich was passieren: Gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen heißt, strukturschwache Regionen zu fördern, Breitband und Mobilfunk flächendeckend auszubauen und die Verkehrsinfrastruktur massiv zu stärken. Auch die Erreichbarkeit von Behörden, medizinischer wie pflegerischer Versorgung ist flächendeckend wohnortnah sicherzustellen, ebenso wie Bildungs-, Begegnungs- und Kulturangebote für alle Generationen.“ Die zunehmende Digitalisierung sei ganz sicher Teil der Lösung, indem sie mobilitätsunabhängige Ansprache und Unterstützung möglich mache und mit intelligenten Assistenzsystemen und Technologien dazu beitragen könne, die Mobilität im Alter zu erhalten oder zu erhöhen. „Gleichwohl dürfen wir ältere und gesundheitlich beeinträchtigte Menschen nicht einfach ohne Weiteres auf Computer und Internet verweisen und sie damit alleine lassen. Gerade für diese Gruppe sind zwischenmenschliche Kontakte und der persönliche Austausch unerlässlich“, sagte Silberbach.
Digitalisierung kann und darf soziale Bezüge nicht ersetzen
Horst Günther Klitzing, Vorsitzender der dbb bundesseniorenvertretung, betonte die Bedeutung von Mobilität für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und den sozialen Zusammenhalt. Er warnte mit Blick auf digitale Lösungen vor allzu viel Euphorie: zukünftiges Alltagshandeln ohne die digitalen technischen Hilfsmittel ist kaum mehr denkbar, nicht einmal das in der Gegenwart.
Best Practice „mobisaar“
Dr. Jan Alexandersson, Saarbrücken, skizzierte in seinem Fachvortrag die Vorteile praxisnah eingesetzter Künstlicher Intelligenz (KI) in öffentlichen Nahverkehrskonzepten am Beispiel des Saarlandes. Aktuelle Umfragen zeigten immer wieder, dass Menschen nicht genau wüssten, was KI eigentlich sei. „Für mich ist KI ein Werkzeugkasten mit fantastischen Möglichkeiten wenn es darum geht, maschinelle Lernverfahren gesellschaftlich einzubinden, um Menschen im Alltag zu Helfen“, erklärte der Wissenschaftler.
Die in „mobisaar“ entwickelten und noch zu entwickelnden Dienstleistungen und Techniken tragen dazu bei, Barrieren im ÖPNV zu überwinden und die Attraktivität des öffentlichen Verkehrsangebotes zu verbessern. Sukzessive sollen so alle Landkreise in das Projekt einbezogen werden mit dem Ziel, ein saarlandweites Angebot zu schaffen, das nach Abschluss des Projektes auch auf andere Regionen in Deutschland übertragen werden kann.
Technische Assistenz bringt Lebensqualität
Prof. Dr. Andreas Hein vom Institut für Informatik an der Universität Oldenburg illustrierte in vielen Praxisbeispielen, wie die Unterstützung der individuellen Mobilität älterer Menschen deren Lebensqualität und Eigenständigkeit verbessern kann. Assistenzsysteme könnten hier wertvolle Beiträge leisten. „Beispielsweise kann eine App ältere Menschen zu mehr Bewegung und guter Ernährung anregen. Aber auch technische Systeme werden künftig mehr und mehr an Bedeutung gewinnen.“ Hierzu zählte der Wissenschaftler etwa Roboter unterstützte Assistenzsysteme, die zum Beispiel in der Pflege dabei assistieren können, Menschen, die länger im Bett verweilen müssen, umzulagern.
Diskussion: Mobilität geht alle an
Dr. Kuan-wu Lin fordert individuelle körperliche und mentale Mobilität: „Ich möchte Menschen mobilisieren, damit sie etwas Gutes für ihren Körper tun und nicht komplett abhängig von Technologien und Hilfsmitteln sind.
Karl-Peter Naumann, Fahrgastverbande PRO BAHN, legte sein Hauptaugenmerk auf das Wohlbefinden von Bahn-Kunden. Für ihn hat Bahnfahren im Alter als bequeme Art der Fortbewegung klare Vorteile. Man ist. dabei quasi immer in Begleitung.
Andreas Hein: Mobilität bedeute nicht, sich in der Verkehrsplanung auf ein Verkehrsmittel als Ultima Ratio festzulegen, sondern „die je nach Situation vor Ort bestpassende Verkehrskette konsequent von der technischen Vision in die Praxis zu holen“. Im Idealfall würden Gesellschaft, Wissenschaft und Industrie dabei interdisziplinär zusammenarbeiten.
Jan Alexandersson: Mobilität hat auch mit politischer Soziologie zu tun , erläuterte anhand der deutschen Praxis, „in einem hochkomplexen politischen und gesellschaftlichem System ständig alles und jeden einbinden zu wollen. Das ist nicht unbedingt mein Spielplatz“, weil es Entscheidungen verkompliziere. Auf der anderen Seite sei es ihm völlig unverständlich, warum ÖPNV-Tickets hierzulande an Ländergrenzen endeten: „Europa wird viel zu sehr von Zuständigkeitswirrwarr und Kleinstaaterei zerteilt. Dabei müssen wir alle an einen Tisch setzen, damit in Zukunft politisches Gerangel zum Beispiel nicht mehr zu baulichen Konsequenzen führt.
Ewald Walisch
Seniorenvertreter der DVG Sachsen